Bericht nach dem Jubiläumskonzert
Text des unten abgebildeten Artikels der Badischen Zeitung vom 21.6.2012, geschrieben von der freien Journalistin Anne Freyer:
„Horch, die alten Eichen rauschen“
Der Männergesangverein Au feierte seinen 100. Geburtstag, erhielt die Zelter-Plakette und ehrte langjährige Mitglieder.
Zusammen mit drei Gastchören, prominenten Gästen und Liebhabern der Chormusik aus Au und Umgebung feierte der Männergesangverein im bis auf den letzten Platz besetzen Bürgerhaussaal seinen 100. Geburtstag. Es wurde ein langer, ereignisreicher Abend, den Gastgeber und Gäste in vollen Zügen genossen. Einer der Höhepunkte war die Verleihung der Zelter-Plakette durch Landrätin Dorothea Störr-Ritter und die Ehrung verdienter und langjähriger Chormitglieder.
Den Klassiker „Oh Täler weit, oh Höhen“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy hatten die 19 Sänger des MGV Au mit den markanten gelben Krawatten zum schwarzen Hemd für ihren Begrüßungsauftritt gewählt, einstudiert mit Dirigent Richard Klein. Und traditionell ging es weiter: mit dem ersten Lied, das die Auer Sänger vor 100 Jahren überhaupt angestimmt hatten: „Horch, die alten Eichen rauschen“ – aktuell wie eh und je, denn die Eichen rauschen ja wie damals, eine schöne Metapher auf die über die vielen Jahre gepflegte Beständigkeit des Chorgesangs als Kulturgut, das nichts von seiner Bedeutung verloren hat.
Das betonte auch Wolfgang Schanz, der als MGV-Vorsitzender das Publikum begrüßte. In seinem Rückblick auf die wechselvolle Geschichte des Chors griff er auf einige in der Festschrift beschriebene Ereignisse zurück, die verdeutlichen, wie sehr der MGV mit der Entwicklung des Dorfs insgesamt verbunden ist, so der Wiederbeginn des Vereinslebens im Dezember 1948, der zusammenfiel mit der Wahl des ersten Bürgermeisters nach dem Krieg. Dass die Geselligkeit weit über das gemeinsame Singen hinaus stets eine große Rolle spielte, machte Schanz durch das Zitat aus weiteren Protokollen deutlich.
Als „Sympathieträger“ kennzeichnete Bürgermeister Jörg Kindel den MGV, dem er als ältestem Verein in Au Anerkennung zollte, ebenso wie der gelungenen Festschrift. „Es gibt kaum ein Ereignis um Dorf, das der Chor nicht mitgestaltet“, sagte er, erinnerte aber auch daran, dass es Krisen und schwierige Phasen in der Vereinsgeschichte gegeben hat, die jedoch gemeistert werden konnten. Einen hohen Anteil daran hatte Dirigent Richard Klein, der sich beim Jubiläumskonzert nach 28 Jahren von seinem Chor verabschiedete.
Nicht nur mit der Zelter-Plakette „als Auszeichnung für Chorvereinigungen, die sich in langjährigem Wirken besondere Verdienste um die Pflege der Chormusik erworben haben“, vom damaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss 1956 ins Leben gerufen, beschäftigte sich Landrätin Dorothea Störr-Ritter in ihrer Festansprache, sondern auch mit der Person Carl-Friedrich Zelters (1758 bis 1832) selbst. Er hatte es als Autodidakt zu höchsten Ehren gebracht – ein gutes Beispiel dafür, so Störr-Ritter, dass sich auch Laien in der Musik große Perfektion erarbeiten können, und das in schöner Zusammenarbeit von „Älteren mit ihrer Erfahrung und Jüngeren mit ihrer Dynamik und Neugier“.
Wie gut das gelingen kann, bewiesen auch die Gastchöre, zunächst der MGV „Eintracht“ Merzhausen, die „Patenonkel“ der Auer Sänger, später dann der Chor „Rhythmix – die Stimmen in Au“, der sich vorwiegend in den Genres Rock, Pop und Gospel tummelt, und der MGV „Schwarzwald“ Oberried. Ob eher dem traditionellen Liedgut verbunden, wie die Nachbarn aus dem Hexental, oder mit einem Repertoire, das sich aus dem reichen Angebot der „Weltmusik“ bedient – der Vielfalt und der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, und das nicht nur musikalisch, sondern auch sprachlich. Alle drei Chöre beeindruckten nicht zuletzt damit, dass sie alles auswendig sangen und das Publikum umso überzeugender in ferne Länder und Rhythmen entführen konnten: die Hexentäler mit einem russischen Lied, die Rhythmix mit englischen und französischen Tonwerken, die Oberrieder unter anderen mit einer dalmatinischen und einer kroatischen Volksweise. Dazu hatten alle drei auch so manchen Gute-Laune-Song deutscher Herkunft mitgebracht.
Den passenden Abschluss lieferten die Gastgeber mit den ungeduldig erwarteten Hits „Marmor, Stein und Eisen bricht“, „Ein Stern, der deinen Namen trägt“ und „Wenn nicht jetzt, wann dann“. Diesen Titel griff Hans-Peter Hartung gerne auf, als er zusammen mit Barbara Locherer-Kuhs im Namen des Breisgauer Sängerbundes verdiente Sänger ehrte, die praktisch ihr ganzes Erwachsenenleben lang dem Chorgesang treu geblieben waren. Mit Urkunden des Deutschen Chorverbands, unterschrieben von dessen Präsidenten Henning Scherf, und Goldenen Ehrennadeln wurden Willi Buttenmüller und Josef Behrle (abwesend) für 60 Jahre sowie Otto Scherer für 50 Jahre aktives Singen geehrt.
Mit einem hinreißenden Vorgeschmack auf eine weitere große Veranstaltung im Rahmen des Jubiläumsjahres machten die „Ohrwürmer“ aus Oberried schon mal Appetit auf ihr A-cappella-Konzert am 17. November im Bürgersaal Au.
Vorbericht zum Jubiläumskonzert
Text des unten abgebildeten Artikels der Badischen Zeitung vom 15.6.2012, geschrieben von der freien Journalistin Anne Freyer:
Die Geschichte des Auer Gesangs
Der Männergesangverein „Sängerrunde“ feiert seinen 100. Geburtstag mit Festschrift und Jubiläumskonzert.
Die Festschrift zu „100 Jahre Männergesangverein Sängerrunde Au“ macht nicht nur einen Rückblick auf dessen Geschichte möglich, sondern auch auf die Entwicklung des Dorfs selbst. Nun steht das Jubiläumskonzert bevor, das der MGV mit Gästen aus Merzhausen und Oberried am Samstag im Bürgersaal gemeinsam gestalten wird.
Es muss eine hoffnungsvolle Zeit gewesen sein, der Anfang des 20. Jahrhunderts. Handel, Handwerk und Gewerbe befanden sich im Aufschwung, der letzte Krieg war Jahrzehnte vorbei und der nächste noch lange nicht in Sicht, und so kam man in vielen Orten auf die Idee, dieses positive Lebensgefühl mit Gesang auszudrücken. In vielen Städten und Dörfern gründeten sich Gesangvereine, Au war da keine Ausnahme. Deshalb gibt es 2012 auch auffällig viele Vereine, an die die Zelterplakette verliehen wird, der Vorsitzende der Auer „Sängerrunde“, Wolfgang Schanz, weiß von bundesweit rund 100. Überreicht wird sie beim Jubiläumskonzert von Landrätin Dorothea Störr-Ritter, die als einer der zahlreichen Festgäste mit großer Vorfreude im Bürgersaal in Au erwartet wird, ebenso wie die befreundeten Gesangvereine. Der MGV „Eintracht“ aus der Nachbargemeinde Merzhausen hat eine bunte Liedfolge zusammengestellt, ebenso wie der MGV „Schwarzwald“ aus Oberried. Den Hauptteil des Programms bestreiten die Gastgeber mit Richard Klein am Dirigentenpult; vorgesehen sind auch Ehrungen verdienter Mitglieder.
Am 24. April 1912 wurde der Männergesangverein „Sängerrunde“ Au im Gasthaus „Zum Löwen“ aus der Taufe gehoben und mit Wirkung vom 1. Mai 1912 gegründet. „Die Gründer gingen zum Teil aus dem älteren Nachbarverein Merzhausen hervor, welcher dann auch die Patenschaft übernahm“, heißt es in der Vereinschronik. Die enge Verbundenheit mit dem unmittelbaren Nachbarn bestand also von Anfang an – und hat sich, wie Vereinsvorsitzender Wolfgang Schanz und Schriftführerin Gertrud Schätzle betonen, bis heute erhalten.
Zusammen mit vielen Helfern und Informanten haben sie das Material zu der umfangreichen Festschrift zusammengetragen, die die wechselvolle Geschichte des Vereins dokumentiert. Dabei konnten sie auf viele Protokolle zurückgreifen, die stets lückenlos geführt wurden, wobei sich die Schriftführer nicht auf das eigentliche Vereinsleben beschränkten, sondern auch allerhand Anekdoten einstreuten, die Einblicke in das Gemeinschaftsleben des damals 412 Einwohner zählenden Dörfchens erlauben. Besonders lebendig beschrieben wird der erste Auftritt: beim Sängerfest am 7. Juni 1914 in Emmendingen. Protokollant August Schweizer verhehlte nicht, dass der Auftritt ziemlich daneben ging und deshalb „der Ärger groß und die ganze Festfreude verdorben war“, wovon man sich aber später mit Hilfe stärkender Getränke erholte, um sich dann „in bester Stimmung zu verabschieden“.
Wie überall bedeutete der Erste Weltkrieg auch für den Auer Gesangverein eine schmerzliche Zäsur. Nach der Neugründung am 12. Juli 1919 gab es erst am 8. August den nächsten öffentlichen Auftritt: zum 25-jährigen Bestehen des Gesangvereins Kirchzarten.
In der Chronik kommt immer wieder zum Ausdruck, was eines der Hauptziele der vielen Gesangvereine war: eine Art Netzwerk zu gründen und den kulturell-kameradschaftlichen Austausch zu pflegen. Dieses Bestreben war nicht auf die Männerwelt beschränkt, wie historische Gruppenbilder mit vielen Damen beweisen. Allerdings erhoben wohl stets nur die Herren der Schöpfung ihre Stimmen zu gemeinsamem Gesang.
Heute sind es 19 Sänger verschiedenen Alters, die unter der Leitung von Richard Klein eine bunte Mischung aus traditionellem deutschem Liedgut und eher dem Unterhaltungsgenre zuzurechnendem Repertoire zu Gehör bringen, auch aus anderen Ländern und in Originalsprache. Gertrud Schätzle hat in der Festschrift, gestalterisch unterstützt von ihrer Tochter Nicola Arndt, eine ungewöhnliche Fülle an informativem Material zusammengetragen und darüber hinaus jeden einzelnen Sänger vorgestellt nicht nur mit Foto, Name und Stimmlage, sondern auch mit jeweils einer kurzen, humorvollen Charakterisierung und besonderen Verdiensten. Die gehen weit über das Singen hinaus, denn der MGV ist bei vielen Aktivitäten im Dorf dabei oder gar Initiator und damit fest in das Ortsgeschehen eingebunden.